Die gewissen Freiheiten, die wir Fans haben und die insbesondere die aktive Fanszene hat, sind die grundlegenden Dinge für eine "funktionierende" Fankultur. Es muss möglich sein Kurvenflyer zu verteilen, es muss möglich sein seine Meinung in Form von Spruchbändern zu präsentieren, es muss möglich sein zu supporten ohne dass man von Ordnern umzingelt ist, es muss möglich sein einen zentralen Anlaufpunkt für die Fans zu haben und es muss möglich sein ein Mikrofon oder eine Anlage zu nutzen. Fallen diese Dinge weg bröckelt die Fankultur, kommen dann noch reine Sitzplatzstadien, Auswärtsverbote und tollerierte Polizeigewalt hinzu, dauert es kein Jahr und die Fankultur ist erledigt.
Natürlich hat die Vereinsführung das Recht Spruchbänder im Stadion zu verbieten, allerdings bietet das auch eine großartige Chance für die Vereinsführung Kritik an eben dieser zu unterbinden. Es ist daher durchaus sinnvoll, dass es gewisse Regeln gibt, aber die dürfen nicht einseitig von der Vereinsführung diktiert werden, sondern sollten ein Konsens aller Mitglieder sein.
Bedingungslose Abneigung gegen die Polizei muss kein Teil der Fankultur sein und gerade das Verhältnis zwischen Polizei und Ultras/Fans sollte im beiderseitigen Interesse dringend verbessert werden, aber Kritik an der Polizei und auch ein Stück Wut über Ereignisse wie in Mainz müssen erlaubt sein. Es ist nicht notwendig, dass die Vereinsführung das Verhalten aller Fans immer gutheißt, aber in der Causa Mainz liegt das Fehlverhalten sicherlich nicht auf Seiten der Augsburger Ultras. Und ja, dann erwarte ich, dass der Verein sich hinter seine Fans stellt.
Die Spruchbänder beim Bayernspiel waren nicht in Ordnung, das sehen mittlerweile auch die Ultras teilweise ein. Aber dann einen Aufstand zu machen und mit Kollektivstrafen zu drohen zeugt meines Erachtens von einer ausgeprägten Doppelmoral, wenn man bedenkt, dass nach dem Mainzspiel keinerlei Reaktion von der Vereinsführung erfolgt ist.
Die spannendste Frage in euren Postings ist aber tatsächlich, die Frage danach, wer der Verein ist. Trainer, Mannschaft und Vereinsführung regeln das Tagesgeschäft und werden dafür finanziell reichlich entschädigt. Dadurch sind sie momentan ein wichtiger Bestandteil des Vereins. Allerdings ist absehbar, dass in fünf Jahren 98% der Trainer und Spieler den Verein verlassen haben, unsere Vereinsführung ist vergleichsweise lange im Amt, gerade Seinsch hatte aber bevor er beim Verein einstieg keinerlei Bindung zum FCA. Die Fans dagegen machen von Generation zu Generation das aus, was der Verein ist. Sie haben nicht nur die Stimmmehrheit bei der Jahreshauptversammlung, sondern prägen das Bild von einem Verein wohl mehr als es irgendwelche Spieler je könnten. Sie sind die einzigen, denen der langfristige Erfolg des Vereins am Herzen liegt, alle anderen sind lediglich Angestellte des Vereins, die bei entsprechenden besseren Angeboten den Verein wieder verlassen. Und wenn morgen keiner mehr Fußball schaut gibt es übermorgen keinen Fußball mehr...
Am besten lässt sich das an Vereinen wie Chemie Leipzig verdeutlichen: Der Verein ist finanziell am Ende, die Spieler schauen, wo sie unterkommen können, die Vereinsführung ist weg, das Ende der Geschichte droht - und dann ziehen die Fans ganz von vorne einen "neuen" Verein auf, damit die Vereinsgeschichte weiterleben kann.
Fazit: Die Ultras allein sind nicht der Verein, aber wir alle, wir Fans sind der Verein!
Was den Vorschlag von Humba angeht: Das wäre natürlich das beste, weder die Vereinsführung noch die Ultras bekleckern sich momentan mit Ruhm.